Glocken-Feuilleton

14/10/2013

Bern (BE), Münster: Erfahrungen mit den neuen Klöppeln und Anpassungen bei der Läutordnung



Um dem unersetzbaren, kulturhistorischen Wert der Glocken des Berner Münsters gerecht zu werden, wurden in den letzten drei Jahren in mehreren iterativen Schritten und unter Einbezug der Erkenntnisse aus dem Parallelprojekt an der Kathedrale St.Nicolas in Fribourg vier Klöppel ausgewechselt durch solche modernster Bauart: die neuen Klöppel sind etwas leichter als die bisherigen, sind aus weicherem Stahl geschmiedet und haben insbesondere eine modifizierte Form. Alle drei Massnahmen führten gemäss den Kontrollmessungen durch die Hochschule Kempten (D), welche in Sachen Belastungsmessungen von Glocken das europäische Kompetenzzentrum ist, zur angestrebten Belastungsreduktion bei gleichzeitiger klanglicher Verbesserung der Wirkung mehrerer Glocken. An den Arbeiten beteiligt waren zusammen mit der Hochschule Kempten die Glockengiesserei Rüetschi Aarau, die Firma Muff in Triengen LU (Glockenantriebe und Steuerung), die Metallbearbeitungsfirma Imbach in Nebikon, welche die neuen Klöppel schmiedete, der Glockenexperte Matthias Walter (fachliche Beratung), Münsterbauleitung und Münsterbauhütte und Bruno Stoll, Abteilungsleiter Bau und Liegenschaften der Gesamtkirchgemeinde Bern.

In sorgfältiger Abstimmung der Läutwinkel einzelner Glocken sowie deren Anfahr- und Bremsverhalten konnte auch die Wirkung des Gesamtgeläuts deutlich hörbar verbessert werden: bisher hervorstechende oder zu wenig in Erscheinung tretende Glocken konnten harmonisiert werden, was zur grösseren Klangfülle des Geläuts beiträgt. Mit Freude dürfen wir feststellen, dass die Münsterglocken nun sowohl von der mechanischen Belastung als auch von ihrer klanglichen Wirkung her nahe am Optimum liegen. Und hierfür sei allen Beteiligten sehr herzlich gedankt!

Schön und überaus befriedigend war es, erleben zu können, wie zahlreiche der regelmässigen Gottesdienstbesuchenden die klanglichen Verbesserungen sofort wahrnahmen und lobten.

Im April dieses Jahres hat der Kirchgemeinderat einer Empfehlung der Glockenexperten folgend beschlossen, den Einsatz der Grossen Glocke zu reduzieren, um dieses kulturhistorische Erbe von Weltrang möglichst lange auch den nachfolgenden Generationen weitergeben zu können. Und gleichzeitig folgte der Kirchgemeinderat auch einem langjährigen Wunsch aus dem Pfarrkollegium, das Geläut zwischen Karfreitag und Ostern der Evangelisch-reformierten Tradition gemäss zu reduzieren. Die Beschlüsse haben folgende Auswirkungen:

  • Sonntageinläuten am Samstag Abend: Glocken 5, 4, 3 und 2 (bisher: 4, 3, 2, 1);

  • Am Karfreitag wird der Gottesdienst nur von den beiden klangtiefsten Glocken eingeläutet (2, 1), um 15 Uhr (Sterbezeit Christi) erklingen neu die Bet-, Predigt- und die Grosse Glocke (5, 3, 1) und danach schweigen die Glocken bis zum Einläuten der Osternachtfeier mit Ausnahme des bisherigen, feierlichen Geläuts am Ostersamstag um 15 Uhr;

  • Am 1. Advent, am Pfingstsamstag sowie am Samstag vor dem Bettag erklingt dafür ein besonders feierliches Vespergeläut (Glocken 5, 4, 3, 1) und das bisherige Sonntageinläuten mit den vier klangtiefsten Glocken.

Einerseits durch die neuen Klöppel und andererseits durch die klangliche Abstimmung des Gesamtgeläuts mussten bei allen Glocken Anpassungen bei den technischen Parametern des Anfahrens und Abbremsens der Glockenmotoren vorgenommen werden. Dies – sowie die Beschlüsse zur Läutordnung – führte dazu, dass die exakte Anpassung der Programmierungstabelle für den Läutcomputer mehrere Tage Arbeit in Anspruch nimmt. Obige Neuerungen bei der Läutordnung werden also ca. ab Spätherbst 2013 zu hören sein.

Die neue Läutordnung, eine Broschüre zu den Münsterglocken (mit CD), sehr sorgfältig gestaltete Ansichtskarten zu den Glocken im Eigenverlag Berner Münster sowie Auskünfte zu Glockenführungen sind in der Infostelle des Münsters erhältlich.

Felix Gerber, Betriebsleiter und Sigrist