Glocken-Feuilleton
Thun (BE), ref. Stadtkirche
Nachdem Messungen durch ProBell erhebliche Belastungen und der Höreindruck musikalisch hässliche Klangentfaltung der Glocken durch mangelhafte Klöppel diagnostiziert hatten, wurde das Geläute der Stadtkirche Thun (a° cis' e' fis' a' mit drei bedeutenden histoischen Glocken) im Sommer 2014 saniert. Glocken 2 und 3 wurden gedreht und das Beschläge der historischen Joche angepasst, und sämtliche Glocken erhielten neue Klöppel, die durch enge Zusammenarbeit zwischen Michael Plitzner von ProBell, H. Rüetschi AG und Matthias Walter weitgehend ohne Vorschwünge ausgelegt werden konnten. Die Balance zwischen den theoretischen Belastungswerten und des musikalischen Resultats wurde hiermit im Vergleich zu einigen Projekten der letzten Jahren abermals optimiert. Meine Begeisterung ist gross, und ich danke für das Vertrauen und die gute Zusammenarbeit.
Matthias Walter, beratender Glockenexperte
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Ich habe mir von den Audio-Vergleichen mit den Glocken vorher und nachher sogleich eine CD gebrannt, um die Resultate auf meiner guten HiFi Anlage zu Hause in aller Ruhe anhören zu können.
Der Unterschied ist schon extrem frappant! Was man da klanglich herausgeholt hat finde ich echt sensationell. Ich bin froh, dass mich mein Ohr nicht getäuscht hatte, denn mit den ersten Schlägen durch die neuen Klöppel hatte ich bereits das Gefühl, eine andere Glocke zu hören.
Frank Haueter, dipl. Architekt FH/SIA, Leiter der Restaurierung der Thuner Stadtkirche
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Ich habe die Aufnahmen aller Einzelglocken im Vorzustand und im Neuzstand sorgfältig abgehört. Es ist tatsächlich so, dass jede Glocke mit den neuen Klöppeln sehr gewonnen hat. Bei jeder ist das Klangbild klar nach vorher und nachher unterscheidbar, auch beim nur oberflächlichen Hinhören. Vorher störte mich, bei jeder Glocke ähnlich, eine durch die alten Klöppel geförderte Obertönigkeit, die ich als "scheppernd" wahrnehme. Jede Glocke gewinnt mit den neuen Klöppeln beachtlich an Grundtönigkeit und - nach meiner Wahrnehmung damit verbunden - an Volumen. Besonders eindrücklich ist dies bei der grossen a°-Glocke der Fall, die eine ausserordentliche Klangschönheit entwickelt. Aber auch die 4. Glocke fis', scheinbar ein durchschnittliche Rüetschi-Glocke, ist eine wirklich schöne Glocke geworden. Auch bei der 2. Glocke cis' ist der Vorher-Nachher-Unterschied meiner Meinung nach immer noch frappant, und die Glocke hat als Einzelglocke sehr gewonnen, obwohl die Ausgangslage mit dem porösen Guss und der akustisch etwas ungünstigen Hängung in der offenen Glockenstube nicht einfach war.
Hans-Peter Schifferle, Germanist und Phonetiker