Glocken-Feuilleton

07/07/2017

Pfäffikon (ZH), Katholische Kirche



«Jetzt klingt’s wirklich megaschön» – solche spontanen Äusserungen hörte ich von Kirchenbehörden zum neu sanierten Geläut der kath. Kirche Pfäffikon ZH, wo sich geradezu ein doppeltes Paradoxon ereignet hat: Das 1963 von Emil Eschmann gegossene c´-Geläute ist nicht nur ein noch etwas unreifes Frühwerk mit – vor allem im oberen Bereich – qualitativ eher mediokren Glocken, sondern hängt zudem in einer relativ offenen, akustisch eher unvorteilhaften Betonglockenstube. Definitiv keine Voraussetzungen für besonderen Wohlklang. Immerhin, war man geneigt zu denken, waren die Glocken an geraden Jochen aufgehängt, doch die soeben durchgeführte Sanierung hat das Geläut nun auch noch auf ein System mit gekröpften Jochen umgestellt – eine scheinbar schockierende Massnahme, für jeden Schulbuch-Experten ein absolutes No-go. Doch die Technik hat sich weiterentwickelt und verfeinert, und generalisierende Einwände gegen Kröpfung sind nicht mehr geboten, sofern technisches Know-How am Werk ist. Die 2015 realisierten Beispiele aus Solothurn (St. Marien) und Mühleberg BE waren die Basis für die gewählte Läutetechnik, welche vielleicht als eine der ersten weltweit insofern gewürdigt werden darf, dass die Umstellung auf Kröpfung sogar in musikalischer Hinsicht für einmal alles verbessert hat. Gewiss, gute neue Flugklöppel hätten klanglich wohl ähnlich viel herausgeholt, doch die angestrebte Schallpegelsenkung war angesichts der problematischen Akustik und des benachbarten Wohnquartiers durch die Kröpfung leichter zu erreichen. Das derzeitige Ergebnis ist nicht nur sehr befriedigend, sondern gerade die beiden grösseren Glocken erfreuen nun gar durch eine zarte und doch volltönige, flüssige Klangeleganz, die angesichts der meist etwas blechern wirkenden, frühen Glocken Eschmanns geradezu begeistert.Zwar waren noch nachträgliche Modifikationen erforderlich: Einige der vorschwungslosen Klöppel wurden noch zusätzlich eingekürzt, andere haben am oberen Schaft noch ein Zusatzgewicht erhalten. Na und? Eine hervorragende Lösung darf auch ein kleiner Zusatzaufwand wert sein, und das Ergebnis ist der ansonsten weitum gängigen Praxis, ältere Klöppel lediglich durch (zu) schwere Kaliber zu ersetzen, die klanglich nur kurz nach der Installation etwas Grundtönigkeit einbringen und nach wenigen Wochen wieder dieselben Krächzereien auslösen wie ehedem, bei weitem überlegen.
Matthias Walter, Glockenexperte